Mysteriöse Nebenwirkungen – Die Recherchen zu Novembertod

„Novembertod“ ist eine Mischung von Fakten und Fiktion. Wäre der Roman ein Film, würde ihm wahrscheinlich das Etikett Dokufiction aufgeklebt. Es gibt Figuren und Ereignisse, die real sind, aber auch jede Menge Figuren, die fiktional sind.
Reale Figuren sind natürlich Ebert und Noske, Lubitsch und Hugenberg und nicht zuletzt Willy Römer, dessen Fotografien mich die damalige Zeit haben `sehen` lassen. Ganz wichtig für einen Drehbuchautor übrigens. – Obwohl ich auch einen Kollegen habe, der seine Stoffe eher hört. Aber ich schweife ab … und außerdem wollte ich ja über die mysteriösen Nebenwirkungen der Recherche schreiben.
Kurz: ich habe in vielen Bibliotheken und Museen recherchiert und nicht nur dabei so manchen Experten wirklich strapaziert. Diesen freundlichen Menschen, die mir enthusiastisch geholfen haben, werde ich demnächst einen Eintrag widmen.
Die Recherche war ein echtes Erlebnis. Ohne die Platitüte von den Geschichten, die das Leben schrieb zu bemühen: sie war inspirierend und ließ den Stoff immer dichter werden.
Wo aber bleibt das Mysteriöse?
Es kommt bei Amelie von Brettin ins Spiel. Für mich als Autorin war Amelie eine der ersten Figuren, die feststanden. Sie war Fliegerin, Nonkonformistin und hieß, das ist wichtig, von Anfang an Amelie. Leider hatte ich keine Ahnung von Fliegerinnen. Ich wußte nur, daß Beate Uhse im zweiten Weltkrieg geflogen war. So recherchierte ich mich von der Flensburger Erotik-Kauffrau rückwärts in die Vergangenheit. Schließlich stieß ich auf eine gewisse Melli Beese. Die erste Pilotin Deutschlands. Tollkühn und unbeirrbar. Melli war ihr Kosename. Als ich den richtigen Namen las, wurde es unheimlich: Melli war die Abkürzung für Amelie. Genau so, wie meine Fliegerin von Anfang geheißen hatte. Sogar die Initialen waren gleich. AB. Die Geschichte der Amelie von Brettin ähnelte außerdem der von Melli Beese, ohne, daß ich von letzterer gewußt hatte. Nur daß Melli Beeses Geschichte noch dramatischer war. Ein Fall von fiktionaler Synchronizität? Und mal wieder die Frage, wer oder was schreibt, und welche Schichten von Unbewußten oder Wissen man beim Schreiben anzapft (Hm. Stephen King …). Auf jeden Fall Gänsehautfaktor 10 für mich. Ich entschied mich darauf hin, die beiden Amelies zu verschmelzen. Amelie von Brettin ist so ein kleines Denkmal für Melli Beese, die tollkühne Frau in ihrer fliegenden Kiste, Flugzeugkonstrukteurin und Pionierin, die sich, morphiumsüchtig und bankrott, am 22. Dezember 1925 erschoss. Fliegen ist wichtig. Leben nicht hinterließ sie.
Auf Melli Beese, die sich so hartnäckig wie subversiv in mein Bewußtsein gedrängt hat! Ich hätte sie gerne kennen gelernt.

~ von novembertod - 13. Juni 2008.

3 Antworten to “Mysteriöse Nebenwirkungen – Die Recherchen zu Novembertod”

  1. ja, tatsächlich. zumindest der rechte teil der straße existiert nicht. merkwürdig. eine geisterstraße? unheimlich …
    ob sie in wirklichkeit eine unsichtbare rollbahn ist? ich mach mir da so meine gedanken.
    aber jetzt muß ich erstmal schlafen. denn morgen ist das berliner bücherfest, auf dem ich lese. und vielleicht schaut melli ja von irgendwoher zu … und ihr, liebe lesende, vorbei.
    bücherfest, 21. juni, bebelplatz, stand 28 „mörderische schwestern“.
    mit tombola! – viele schöne bücher zu gewinnen; hauptgewinn: live geschriebene minikrimis …
    ich lese um 15.00 uhr aus „novembertod“.
    – und schreibe dem glückslosgewinner oder der glückslosgewinnerin gerne einen minikrimi!

  2. Es gibt in Berlin zwei Melli-Beese-Straßen – eine in Spandau, eine beim Flugfeld Johannisthal. Und wenn man sich bei Google Maps oder bei Stadtplandienst.de diese Straße aus der Luft (!) anguckt, sieht man, dass da gar keine Straße ist…
    http://kurl.de/melli-beese (einfach mal „labels anzeigen“ wegklicken). Das ist also eine unsichtbare Straße … wo die wohl hinführt?

  3. Liebe Frau Leister, vielen Dank für Ihre Rückmeldung per E-mail (und natürlich hat uns unten stehendes Zitat auch sehr gefallen). Gruß aus dem Kreuzberg Museum ! Katja Rahmig / Bibliothek

    „Kurz: ich habe in vielen Bibliotheken und Museen recherchiert und nicht nur dabei so manchen Experten wirklich strapaziert. Diesen freundlichen Menschen, die mir enthusiastisch geholfen haben, werde ich demnächst einen Eintrag widmen.“

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